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Farvell ist ein Jäger, der das Revier von seinem Vater übernehmen soll.
Doch haben die Götter anderes mit ihm vor. Es beginnt ein Weg,
der weit außerhalb seiner Vorstellungskraft liegt, eine Odyssee zwischen Städten und Welten.
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Leseprobe:
Fast täglich geht Farvell für seinen Bruder zur Jagd. Er ist dadurch viel mit ihm zusammen.
An einem Nachmittag nach der Jagd betritt Farvell mit einem kleinen Ferkel die Jagdhütte.
Elway kommt ihm entgegen geeilt. "Psst, sie schlafen endlich. Komm, wir gehen vors Haus."
Elway nimmt eine Flasche Beerenwein und zwei Becher noch mit, als sie sich auf die zwei Stühle setzen,
die seit Vaters Zeiten dort vor dem Haus stehen. Farvell hält noch das Ferkel in der Hand und
weiß nicht so recht, wohin damit. Sein Bruder steht noch einmal auf und nimmt es ihm ab.
Er verschwindet damit im Haus. Kurz darauf kommt er wieder hinaus und setzt sich schweigend.
"Willst du mir nichts anbieten?", fragt Farvell. "Ich habe viel überlegt", antwortet Elway.
"Wie? Ob du mir etwas von dem Beerenwein einschenkst?" - "Nein", Elway muß lächeln.
"Entschuldige, nehme dir ruhig selber." Elway hält den einen Becher Farvell entgegen.
"Nein, du hast mir nie gesagt, was du nun wirklich tust. Du mußtest auf das Jagdrevier
verzichten, das muß dich sehr verletzt haben. Ich habe nie gefragt, wie du dich fühlst."
Farvell dreht den Becher in seiner Hand. Er schaut ihn an. Eine ganze Weile schaut er den
Becher an. "Es ist ein Privileg der Jüngeren, nicht fragen zu müssen, wie es den Älteren geht."
Farvell blickt zu seinem Bruder und lächelt, "aber nett, das du fragst. Ich habe mich für
dich gefreut, aber ich war auch enttäuscht, und ich verstand die Welt nicht mehr."
Elway schüttet etwas aus der Flasche in Farvells Becher. "Und zu was brauchen dich jetzt
die Götter?" - "Ich schütze den Tempel, daß weißt du doch, Elway." - "Vor was?" Farvell nippt
nachdenklich an seinem Becher. "Wenn ich das wüßte!" Elway schaut Farvell, der von dem Stuhl aufsteht,
fragend an. "Ich komme morgen wieder, dann werde ich eine Gabe für die Götter jagen", sagt Farvell.
Er greift sich den Bogen und geht ohne sich umzudrehen zum Pfad, der zur Stadt führt.
In diesem Jahr lassen sich weniger Tiere finden, und Farvell muß auch am folgenden Morgen länger
und weiter durch die Wälder streifen. Doch diesmal gibt der Boden unter ihm nach. Er rutscht
neben einer dicken Baumwurzel entlang in eine Grotte. Erschrocken schaut er sich um. Hier war er
schon so oft in seinen Träumen. Er steht zwischen den Steinbrocken, die mit ihm gefallen sind auf,
und stützt sich an der wulstigen Wurzel ab, die von der Decke herunter reicht. Ein langer Raum,
nur wenig Licht fällt durch kleine Ritzen zwischen vielen herabhängenden Wurzeln in der Decke.
Am Ende steht schemenhaft diese Statue.
Es ist wie im Traum, und ich bin mir nicht sicher, ob ich jetzt träume. Dieser Alptraum,
als ob er eine Vorsehung ist. Ich weiß nicht, ob das Böse mit mir spielt.
So gehe ich Schritt für Schritt langsam bis zu der Statue. Meine Angst ist genauso groß wie meine Neugier.
Statt der riesigen Klinge hält die Statue eine Tafel in den Händen. Farvell geht mit dem Licht seines
leuchtenden Steins dicht heran und schaut mit großen Augen auf die Schrift. "Inlas, der Stadthalter
unserer Stadt und unser aller König. Wir wurden abgeschnitten von der Welt, doch wir geben den Kampf
nicht auf. Mögen die Heerscharen der Finsternis Inlas nie finden und ihm seine Ruhe lassen."
"Ich brauche Rat. Ich verstehe nicht." Farvell stellt sich im Hof des Tempels aufgeregt vor Lakradat.
"Ich träume... Ich träume seit langem von einer Grotte..." - "Unsere Träume spielen uns oft Streiche",
antwortet Lakradat. "Nein, heute habe ich sie im Wald gefunden. Genau so,
wie im Traum. Es ist die Gruft eines Königs." - "König? Könige gab es nie. Es gibt keine Könige,
keine Drachen und keine anderen Völker. Wir sind die Menschen, begleitet und geschützt von unseren
Göttern. Alles andere drumherum ist böse oder sind Ammengeschichten. Du solltest das doch wissen, Wächter
des Tempels!" - "So glaube mir doch." - "Sei vorsichtig. Erzürne nicht unsere Götter!" Lakradat schaut
Farvell tief in dessen aufgewühlte Augen und sagt mit ruhiger Stimme nach einer Weile: "Zeige mir
das Grab! Nicht nur Träume können Streiche spielen, auch die Teufel tun das gerne."